Erfolgreich verhandeln - erfolgreich verkaufen

Wie Sie Menschen und Märkte gewinnen

„Die wahren Abenteuer sind im Kopf. Und sind sie nicht in meinem Kopf, dann sind sie nirgendwo.“

Dieses Zitat des Aktionskünstlers André Heller kann man ruhig wörtlich nehmen. Denn wenn wir mehr darüber wissen und besser verstehen wollen, warum die Menschen kaufen – oder auch nicht – dann müssen wir in
ihren Kopf schauen und ergründen, wie sie ‚ticken’. Moderne Verkaufsgespräche funktionieren nicht mehr nach den mehr oder weniger plumpen Regeln, die vor fünf oder zehn Jahren noch gültig waren. Denn die Kunden haben sich dramatisch verändert. Sie sind informierter, anspruchsvoller und deutlich fordernder geworden. Sie haben die Macht im Markt übernommen.
Heutzutage werden Leistungen ja nicht mehr verkauft, sondern gekauft. Der Kunde – und nicht das eigene Produkt – ist der ‚hero‘, der Held. Er stellt die Anforderungen und die Unternehmen führen sie aus – und zwar bitte möglichst sofort! Der Kunde hat heute die Qual der Wahl – und damit das Sagen!
Er muss nichts, aber er darf alles, sonst geht er! Nicht länger die Unternehmen, sondern deren Kunden bestimmen heute die Spielregeln, nach denen ‚verkaufen‘ gespielt wird.
Da reicht es nicht mehr, nach altem Strickmuster Verkaufstechniken auswendig zu lernen und selbsternannten Gurus gestelzte Formulierungen nachzubeten, sondern wir müssen verstehen, warum diese wann und wie bei wem funktionieren. Dieses Wissen, das intuitiv veranlagte Verkäufer schon immer hatten, wird nun durch Gehirnforscher Schritt für Schritt sichtbar gemacht.
Deren simple Erkenntnis lautet: Der Mensch entscheidet sich emotional – und begründet diese Entscheidungen rational. Möglicherweise folgt er auch nur seinem jeweiligen Hormonspiegel. Emotionen sind, wie die Gehirnforschung immer mehr verdeutlicht, nicht nur in allen Entscheidungen vorhanden sie sind sogar deren treibende Kraft. Wir entscheiden uns erst wirklich für oder gegen etwas, wenn wir ‚ein gutes Gefühl’ dabei haben. Die Art von Emotionen, die uns schliesslich zu unserer Entscheidung bewegen, mögen je nach Menschen-Typ, Geschlecht und Alter unterschiedlich sein, doch ohne Emotionen gibt es keine Entscheidung.

Menschenversteher sein
„Produkte oder Dienstleistungen, die keine Emotionen auslösen, sind für das Gehirn wertlos“, sagt der Psychologe Hans-Georg Häusel in seinem neuen Buch Brain Script.
Und was für unser Gehirn wertlos ist, wird auch nicht gekauft! Verhandeln und verkaufen muss daher weit mehr Emotionen zielen. Verkäufer müssen Menschenversteher werden. Nur leider: Im Menschenverstehen sind wir alle mehr oder weniger Laien, das haben wir nicht auf der Schule, nicht in der Lehre und nicht an der Uni gelernt. Das stand auf keinem Lehrplan. Da konnten wir bisher nur unseren gesunden Menschenverstand konsultieren. Oder nach plausiblen Erklärungen aus unseren Tagen als Steinzeit-Mensch suchen. Doch neuerdings kommt uns die Wissenschaft zu Hilfe. Gehirn-Tomographen liefern uns in bunten Bildern immer mehr Erkenntnisse darüber, was im Oberstübchen des Verbrauchers vorgeht, wenn er an seine Lieblingsmarke denkt oder Kaufentscheidungen vorbereitet. Zumindest erkennen wir, durch Kontrastmittel gefahrlos sichtbar gemacht, in welch unterschiedlichen Hirnarealen gedacht, verarbeitet und schliesslich entschieden wird, und wie sich das alles verknüpft. Allerdings:
Was genau gedacht wird, das sieht man leider nicht.
Den Beweis dafür, dass, wer die Menschen stärker positiv emotionalisiert, auch erfolgreicher ist, trat kürzlich ein Experiment texanischer Wissenschaftler am Baylor-College in Houston an. Coca Cola-Trinker zeigten deutlich höhere Reaktionen in emotionalen Bereichen des Gehirn als Pepsi Cola-Trinker, wenn man ihnen sagte, welches Getränk sie gerade zu sich nahmen. Im Blindtest fanden übrigens beide Versuchsgruppen, dass Pepsi besser schmeckt.

Wer sich unter verkaufsrelevanten Gesichtspunkten mit unseren Hirnfunktionen näher auseinander setzt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Bildgebende Verfahren dechiffrieren Schnitt für Schnitt, was intuitiv talentierte Verkäufer schon seit ewigen Zeiten Bauchgefühl nennen: Denken, fühlen und entscheiden sind untrennbar miteinander verbunden und verlaufen im Wesentlichen unterbewusst. Ohne Gefühle ist kein vernünftiges Handeln möglich. Und wenn wir noch so stolz auf unser Denkhirn sind: Eine rein sachliche Entscheidung gibt es nicht.

Have lunch or be lunch
Der umgangssprachlich gerne Reptilienhirn genannte evolutionär ältere Teil unseres Gehirns, unser limbisches System, trifft in Abstimmung mit unserem Grosshirn völlig unbewusst und ohne dass wir dies stark beeinflussen können, ständig überlebenswichtige Schiedssprüche: Gut für uns oder schlecht für uns. Gut für uns wird mit einem angenehmen, schlecht für uns mit einem unangenehmen Gefühl belohnt. Dies wird unter anderem verursacht durch Botenstoffe wie Serotonin, Dopamin und Adrenalin. Deren Ausschüttung erfolgt zwar über das Gehirn, wir nehmen sie jedoch als körperliche Reaktionen wahr, beispielsweise im Bereich der inneren Organe. Daher Bauchgefühl. Die berühmten ‚Schmetterlinge im Bauch’ sind nur ein Beispiel dafür.
Treffen zwei Menschen aufeinander, entscheidet unser limbisches System ohne unser Zutun und in Bruchteilen von Sekunden: Freund oder Feind. Ohne das wir recht wissen warum, finden wir jemanden sympathisch oder unsympathisch. In rasender Geschwindigkeit wird unser Vertrautheitsgedächtnis abgegrast, mit gespeicherten emotional konditionierten positiven oder negativen Vor-Erfahrungen abgeglichen und uns als Ergebnis präsentiert. Und das ist auch gut so. Denn in akuten Gefahrenmomenten springt unser Denkhirn viel zu langsam an, um den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen. Mal angenommen, unser limbisches System votiert für Feind, dann kennt unser Körper – wie auch der eines Tieres – nur noch drei mögliche Reaktionen: draufhauen, abhauen, tot stellen. In Situationen, die mit Angst, Wut, Stress und Bedrohung verbunden sind, erfordert es unseren ganzen Willen, sich dem Reflex von Angriff oder Flucht zu entziehen.
Denn unser Körper ist voll gepumpt mit Adrenalin und bereit, die Keule zu schwingen. Da wir nun nicht mehr im Urwald leben, packen wir zivilisierten Kopfarbeiter des 21. Jahrhunderts diese gern in verbaler Form aus – je nach Situation und Adrenalin-Dosis auf mehr oder weniger subtile Art und Weise. Die zugefügten Verletzungen sind emotionaler Natur und manchmal tiefer als eine körperliche Wunde. Und sie heilen oft schlechter.
„Das limbische System hat gegenüber dem rationalen corticalen System das erste und das letzte Wort. Das erste beim Entstehen unserer Wünsche und Zielvorstellungen, das letzte bei der Entscheidung darüber, ob das, was sich Vernunft und Verstand ausgedacht haben, jetzt und so und nicht anders getan werden soll“, schreibt der Bremer Gehirnforscher Gerhard Roth in seinem Buch Aus Sicht des Gehirns, und weiter: „Am Ende eines noch so langen Prozesses des Abwägens steht immer ein emotionales Für und Wider.
Die Chance der Vernunft ist es, mögliche Konsequenzen unserer Handlungen so aufzuzeigen, dass damit starke Gefühle verbunden sind, denn nur durch sie kann Verhalten verändert werden.“

Lust statt Frust erzeugen
„Zu dem, der lächelt, kommt das Glück“, sagt ein japanisches Sprichwort. All denen, die unerschütterlich an das Positive glauben, gibt die Gehirnforschung Recht. Immer dann, wenn wir etwas gedacht oder getan haben, das aus Sicht des Gehirns eine Belohnung verdient, werden Glückshormone ausgeschüttet. Diese körpereigenen Opiate, den Drogen chemisch sehr ähnlich, geben uns ein wohliges Gefühl, sie machen uns je nach Art und Dosierung glücklich, euphorisch, ekstatisch. Und sie machen uns süchtig. Davon wollen wir mehr! Ausdauernde Läufer kennen dieses Phänomen als ‚Runners-High’. Der Körper belohnt uns für eine gelungene Flucht. Wir sind noch mal davongekommen.
Positive Gefühle sagen uns, was wir tun, und negative, was wir besser lassen sollten. Diese Strategie der Natur hilft uns nicht nur, zu Überleben, sondern kann auch die Lebensqualität bemerkenswert verbessern. So hat die Evolution es eingerichtet, dass der Mensch ständig auf der Suche nach guten Gefühlen ist. Zuhause genauso wie in der Arbeit.
Für den Verkauf bedeutet dies: Wem es gelingt, eine Wohlfühl-Atmosphäre zu gestalten, eine positive Stimmung zu erzeugen, dem Kunden Momente des Glücks zu verschaffen, der wird dauerhaft erfolgreich sein. Denn wer sich wohl fühlt, wer ein gutes Gefühl hat, wer sich bestätigt fühlt, kauft eher – und mehr. Und der Preis als alleiniges Entscheidungskriterium tritt dann in den Hintergrund.
In einem positiven Zustand zu sein, hat weitere Vorteile: Unsere Kauflustzentren sind aktiviert. Wir werden offener und damit kreativer. Wir werden agiler und schreiten zur Tat. Und wir sehen die Welt ein wenig durch die rosarote Brille; so wie ein Verliebter, der nur die guten Seiten sieht und über kleine Schwächen milde hinwegschaut.
Negatives dagegen lähmt. Angst paralysiert und macht dumm. Die Erklärung dafür ist einfach: Bei Angst, Bedrohung und Stress sind die Verbindungsstellen zwischen den einzelnen Hirnzellen, die so genannten synaptischen Spalten, blockiert. Dort können die Hirnströme nicht mehr ungehindert fliessen, und wir können nicht mehr klar denken. Die Folge: ein Blackout. Über Angst und Unbehagen zu verkaufen ist genauso falsch wie über Angst zu führen. Beides mag zwar zu kurzfristigen Erfolgen führen, auf Dauer ist es aber zerstörerisch. Denn Angst ist Gift für die Seele.

Verkaufen ist Emotionsmanagement
Die meisten Entscheidungen, auch das sagen uns die Gehirnforscher, hat unser Gehirn schon getroffen, bevor wir uns dessen bewusst sind (was den Wert einer guten Entscheidung nicht mindert). Kein Wunder, dass wir manchmal Dinge tun und gar nicht wissen, warum. Oder uns entschuldigen müssen für ein Wort, das uns so rausgerutscht ist, weil sich unser Unterbewusstsein an der Schranke des angepassten sozialen Verhaltens vorbeigemogelt hat. Oft sind wir nur noch der rationalisierende Ausführer, der sich selbst und Anderen erklärt, warum eine Entscheidung genau so und nicht anders ausgefallen ist.
Wenn nun aber unsere Entscheidungen grösstenteils von unserem Unterbewusstsein gesteuert werden und in Wahrheit emotionale Entscheidungen sind, dann ist es höchste Zeit, dass die nach wie vor meist fachlich-sachliche Ausrichtung vieler Verkaufsgespräche verknüpft wird mit einer richtig austarierten, emotional berührenden Argumentation.

Drei Punkte sind dabei zu beachten:
- Die Menschen suchen aktiv nach guten (weil von Glückshormonen belohnten) Gefühlen.
- Die Menschen meiden negative (weil von Angst- und Stresshormonen begleiteten) Gefühle.
- Emotionales wird besser gespeichert und damit nachhaltiger verankert als Rationales.

Verkaufen ist heute in erster Linie Emotionsmanagement: Gespür für die Wünsche, die oft unausgesprochenen Bedürfnisse, Gefühle, Sorgen, Ängste, Sehnsüchte, Hoffnungen und Träume der Kunden. Nur: Überall dort, wo der Verstand regiert, ist der Zugang zu den Emotionen recht beschwerlich. Jede Menge Feingefühl und Empathie sind gefragt, denn wer möchte in seinen wahren Gefühlen schon gerne entlarvt werden?
Menschen kaufen keine Produkte, sondern Problemlösungen und die Erfüllung ihrer Wünsche und Träume. Und das betrifft nicht nur das Consumer-Geschäft. Auch die scheinbar sachlichen, in den männer-dominierten Führungsetagen getroffenen strategischen Entscheidungen haben meist mit Emotionen zu tun: mit Prestige, mit Macht, mit Reviergehabe, Positionskämpfen – und mit dem beruflichen Überleben. Oder ganz einfach mit Lebensqualität.
Emotionen managen: Das ist eine der anspruchvollsten Aufgaben eines Vertriebsmitarbeiters. Sein grösstes Hindernis ist eine vom Controller verordnete ‚Optimierung der Verkaufsprozesse‘, die Zeit für Gefühle als unnötig wegrationalisiert. Wer als Kunde allerdings ‚seinem‘ Verkäufer emotional und dauerhaft verbunden ist, der wird diese Loyalität auch auf das Produkt übertragen.
Und selbst reine Geldentscheidungen sind in Wirklichkeit emotionale Entscheidungen – denn Geld ist eine hochemotionale Sache.
Geiz ist eben nicht vernünftig, sondern ‚geil‘. Geldscheine sind Stimmzettel! Und täglich wird neu abgestimmt! Wer verstanden hat, wie ich als Kunde ticke, was ich brauche und wie man mich glücklich machen kann, der hat meine Stimmzettel verdient. Und wenn uns Kunden was nicht passt, bleibt unser Portemonnaie eben zu! Basta! Gerade bei Dienstleistern spielt die Interaktion zwischen Mitarbeiter und Kunde eine entscheidende Rolle. Je individueller die Leistung für den einzelnen Kunden erbracht wird und je unmittelbarer der Kunde-Mitarbeiter-Kontakt ausfällt, desto stärker ist das Gefühl emotionaler Verbundenheit. Und gerade dort, wo Produkte nicht mehr faszinieren können, da müssen es die Menschen tun.

Von Unsympathen kauft man nichts
In Märkten, in denen der Käufer schon fast alles besitzt, müssen Verkäufer Wünsche wecken können, Emotionen bewirken, auf jeden Kunden individuell eingehen, die Welt mit seinen Augen sehen. Und sie müssen gut mit ihren Kunden harmonieren. Bevor der Kunde eine Sache, also ein Produkt oder eine Dienstleistung kauft, ‚kauft’ er immer zunächst den Verkäufer. Verkäufer brauchen also ein laufendes ‚Selbst-Tuning’, um in Verkaufsgesprächen gut drauf zu sein. Denn von Pessimisten kauft man nichts. Die Bedeutung analytischer Fähigkeiten und fachlicher Fertigkeiten wird von Verkäufern nach wie vor masslos überschätzt. Kunden dagegen setzen fachliches Knowhow heute als ‚basic‘ ganz einfach voraus.
Und obendrauf wünschen sie sich von ihren Verkäufern schon seit langem Kommunikationsvermögen, Feingefühl und Empathie. Soziale Kompetenz und emotionale Intelligenz sind Haupterfolgsfaktoren für Verkäufer; sie können sogar fachliche Defizite ausgleichen. Andersherum funktioniert es allerdings nie – denn auch von Unsympathen kauft man nichts! Sympathie dagegen schafft Zuneigung – und damit Kaufbereitschaft. Verkäufer werden mehr denn je Antworten finden müssen auf die Frage: Was kaufen meine Kunden wirklich? Und was können sie nur bei mir kaufen? Und warum sollte mein Kunde ausgerechnet bei mir kaufen, wenn es nicht weit weg x andere gibt, die (fast) das gleiche bieten? Verkäufer müssen heute danach trachten, einen Sog (= Pull-Selling) zu erzeugen. Der Kunde muss Ihr Produkt unbedingt haben wollen; Ihr Angebot muss ihn wie magisch anziehen. Dann kommen die kaufkräftigen Kunden von ganz alleine.

Vom Push zum Pull oder: Sog statt Druck
Wie in früheren Zeiten Druck auf den Kunden zu machen (= Push-Selling) wird immer ineffizienter. Die alten Haudegen, die mit Brachialgewalt ihre auswendig gelernten Verkaufsgespräche durchboxen („Schaun Sie mal … mein tolles Produkt …1. Vorteil, 2. Vorteil, 3. Vorteil … hier unterschreiben … Glückwunsch zum 10-Jahres-Vertrag!“), fallen bei den Kunden mehr und mehr durch. Und Trainer, die immer noch oder gerade wieder Hardselling trainieren, die sollten endlich ausgemustert werden. Denn von aufgeklärten Verbrauchern wird Druckverkauf schon längst als solcher entlarvt. Und wer sich über den sprichwörtlichen Tisch gezogen fühlt, der wird sich früher oder später immer rächen.
Die meisten Verkäufer überschätzen sich masslos in Sachen Kundenorientierung. Produktverliebt wie eh und je erschöpfen sie ihre Kunden in aufwändigen Präsentationen, stehlen deren kostbare Zeit und ertränken sie in Fachwissen. Exzellente Verkäufer hingegen sind nicht in das eigene Produkt, sondern in ihre Kunden ‚verliebt‘ – rein platonisch natürlich. Mit Feinfühligkeit versuchen sie, ihre Kunden und die Prozesse in deren Unternehmen wirklich zu verstehen.
Sie trachten danach, die wahren Probleme ihrer Kunden zu lösen und deren Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern möglichst gar zu übertreffen. So helfen sie ihren nunmehr begeisterten Kunden, deren Ziele zu erreichen und vor allem: auch deren Kunden glücklich zu machen. Sie kümmern sich also nicht nur um ihre Kunden, sondern auch um die Kunden ihrer Kunden.
Als Advokat ihrer Kunden kehren sie mit deren spezifischen Anforderungen in das eigene Unternehmen zurück, um über Abteilungsgrenzen hinweg massgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten und auf vollständige Erfüllung, möglichst sogar auf Übererfüllung zu drängen. Dabei geht es nicht nur um das technisch Machbare, sondern immer auch um die berühmte ‚Extra-Meile’, die meist im Service-Bereich liegt.
Diese neuen Verkäufer kennen den Wert und die Wichtigkeit nachhaltiger Kundenloyalität und handeln danach. Nicht mehr das aggressive Verkaufen, bei dem einer dem anderen die Kunden wegschnappt, sondern der Aufbau langfristiger, partnerschaftlicher Kundenbeziehungen steht im Vordergrund.
Ein Punkt beschäftigt dabei besonders: „Wie mache ich meine Kunden und Kontakte zu Empfehlern meiner Angebote und Leistungen?“ Die komplette Vertriebsorganisation verfolgt mit allen Mitteln und Steuerungsinstrumenten systematisch dieses Ziel. Denn dies ist die intelligenteste Umsatz-Beschleunigungsstrategie aller Zeiten.

Was Kunden wirklich kaufen
Ein Unternehmen ist nur dann zukunftsfähig, wenn die Kunden gute Gründe für den Immer-wieder-Kauf und/oder für aktive positive Mund-zu-Mund-Werbung haben. Beides tun sie aber erst dann, wenn sie begeistert sind von den unternehmerischen Leistungen und von der Art und Weise des Umgangs.
Denn die Menschen kaufen immer zwei Dinge:
- Problemlösungen
- gute Gefühle

Fachliche Kompetenz ist eine Minimalanforderung, eine gute Produktqualität heutzutage kaum noch der Rede wert. Fast alle Produkte sind in kürzester Zeit kopierbar, Preise oft innerhalb von Sekunden. Am schwierigsten ist es, exzellente Mitarbeiter und gewachsene, dauerhafte Kundenbeziehungen schnell zu kopieren – verbunden mit dem Wissen, wie man das macht.
Wer Problemlösungen verkauft, verabschiedet sich von seiner selbstzentrierten Sichtweise und taucht tief ein in die Kundenwelt. „Was ist Ihr brennendstes Problem?“ wird er fragen, und: „Wovon träumen Sie?“ und sich selbst: „Welche Lösungen bieten nur wir diesem Kunden – und was können wir deutlich nachvollziehbar besser als Andere?“ Das Ziel lautet: Bester Problemlöser für seine Kunden werden. Und dazu muss man die Wünsche und Träume seiner Kunden kennen – oder zumindest erahnen. Durch ein lösungsorientiertes Verkaufsgespräch wird dem Kunden oft erst so richtig klar, was den einen Anbieter von anderen unterscheidet. Lösungen stellen den Kunden-Nutzen voran und deuten in eine gemeinsame florierende Zukunft. Und weil ein Lösungsanbieter als langfristiger wertvoller Partner gesehen wird und nicht als austauschbarer Lieferant, fördert der Lösungsverkauf auch die Kundenloyalität. Dabei gilt es, solche lösungsorientierten und emotionalen Alleinstellungsmerkmale zu finden, die potenzielle Kunden begeistern und damit Empfehlungspotenzial aufbauen – und die Konkurrenz erschrecken. Fragen Sie bei der Suche nach Antworten unbedingt auch Ihre Kunden, was die mit Ihren Produkten machen, wer sie wie und wo einsetzt und wie es ihnen damit ergeht. Von Kunden kann man eine Menge lernen!
Jeder einzelne Mitarbeiter eines Unternehmens muss auf lösungsorientiertes Denken und Handeln ausgerichtet sein. Und all das muss immer wieder lautstark im Markt verkündet werden. „Wieso immer wieder?“ fragen mich manchmal Verkäufer. „Unsere Kunden wissen doch, was sie an uns haben!“
Ein womöglich folgenschwerer Irrtum, denn die meisten Kunden wissen es nicht – oder haben es schon längst wieder vergessen. Was nicht wirklich emotional verankert und/oder existenzgefährdend wichtig ist, wandert schnell in die Versenkung.
Und wieso Kunden begeistern? Kundenzufriedenheit reicht schon lange nicht mehr! Zufrieden heisst befriedigend. Und befriedigend heisst: mittelmässig, beliebig, austauschbar.
Wer zufrieden ist, geht garantiert schauen, ob er nicht woanders gutes oder sehr gutes findet. Zufriedene Kunden sind also latent untreu, sie identifizieren sich nicht voll und ganz, stehen dem Anbieter und seinen Leistungen relativ gleichgültig gegenüber. Wer nur zufriedene Kunden hat, ist übermorgen unternehmerisch tot. Nur begeisterte Kunden werden loyal und ausgabefreudig sein – und immun gegen Abwerbeversuche!
Wie ist das in Ihrer Firma? Äussern Ihre Kunden spontane Begeisterung über die Zusammenarbeit? Oder rollen sie gequält mit den Augen, wenn man sie fragt? Mit einer gut gemachten Problemlösung bewegen wir uns schon tief in den emotionalen Bereich. Wer darüber hinaus auch noch starke Gefühle besetzt, wer einen emotionalen Logenplatz im Kundenhirn besitzt, wer ein Monopol auf Gefühle hat, der macht das Rennen. Was also ist Ihre emotionale Visitenkarte, was ist Ihr emotionales Design? Markenführung und Vertrieb sind gefordert, die Kern-Emotion ihrer jeweiligen Marke(n) zu definieren.

Kundenorientierung in den letzten Winkel des Unternehmens tragen
Die neuen Kunden – gut informierte, hyperkritische, stets wechselbereite Anspruchsdenker – begnügen sich nicht mehr mit ‚ihrem Verkäufer‘ als alleinigem Ansprechpartner.
Der Internet-geschulte, aktive Kunde startet heutzutage von sich aus eine Recherche tief in das verkaufende Unternehmen hinein. Selbstbewusst und offensiv geht er auf das Unternehmen zu und versucht, hinter die Kulissen zu schauen. Dieses mitunter schon aggressive Informations- Suchverhalten kommt auf kaum mehr zu steuernden Kommunikationswegen im Unternehmen an. Fast jeder im Unternehmen kann heute direkt oder indirekt zur Anlaufstelle für den Kunden werden. Deshalb braucht nicht nur das Sales-Team, sondern letztlich jeder einzelne Mitarbeiter im Unternehmen Kundenorientierung. Daran müsste gerade der Vertrieb grösstes Interesse haben. Abteilungsbarrieren existieren sowieso nur in den Köpfen der Mitarbeiter. Ein Kunde denkt nicht in Abteilungen und Zuständigkeiten, er betrachtet ein Unternehmen als Einheit. Er entscheidet, wann er wie mit welchem Mitarbeiter in Kontakt tritt. Er will von jedem eine Spitzenleistung, da unterscheidet er nicht zwischen Innen- und Aussendienst, zwischen Chef und Azubi. Wenn auch nur ein einziger Mitarbeiter bei Ihnen patzt, war aus Sicht des Kunden ‚das Unternehmen‘ schuld.
Kunden-Wissen muss im ganzen Unternehmen verfügbar sein, so dass jede Abteilung und jeder Mitarbeiter, der vom Kunden kontaktiert werden könnte, darauf Zugriff hat und es für seine Verkaufsarbeit nutzen kann.
Kunden haben sich schon längst an vernetzte Systeme gewöhnt. Sie erwarten von jedem im Unternehmen kompetente Antworten. Übrigens: Wo steckt bei Ihnen das wertvolle emotionale Wissen über Ihre Kunden? In den Köpfen Ihrer Mitarbeiter oder in Ihren Datenbanken? Verlässt Sie erst das Wissen und dann der Kunde, wenn die Beziehungsmanager, also Ihre Mitarbeiter mit guten Kundenkontakten, irgendwann kündigen?

Eine kundenorientierte Vertriebsorganisation aufbauen
Ein produktorientierter Vertrieb und regional organisierte Verkaufsstrukturen sind nicht länger zielführend. Sie müssen durch kundenorientierte Strukturen ersetzt werden. Der lokale Firmensitz des Kunden oder seine Branchenzugehörigkeit darf nicht länger das entscheidende Kriterium dafür sein, welcher Sales-Mitarbeiter sein Ansprechpartner ist. Der Kunde beziehungweise sein Buying Team entscheidet künftig, wer diese wichtige Funktion bei ihm ausfüllen darf. Die ernsthafte Hinwendung zur Kundenorientierung erfordert Strukturen, die auf Sympathie beruhen. Will heissen: Der Kunde bekommt den Verkäufer, den er haben will, der zu ihm passt, den er braucht, den er mag. Organisation folgt Emotion. Die zwischenmenschliche Beziehung entscheidet! Denn: Unternehmen können nicht loyalisiert werden, sondern nur Menschen.
Utopisch im Tagesgeschäft? Die sehr erfolgreiche 130-Mann/Frau Steuerberatungskanzlei Hübner & Hübner aus Wien macht es vor: Einem neuen Mandanten werden noch vor Beginn der Zusammenarbeit mehrere Berater vorgestellt, die alle fachlich perfekt passen. Der Klient kann sich genau den Mitarbeiter auswählen, der ihm am besten liegt.
Für manche Verkäufer, gerade für die hochdekorierten und star-allürigen unter ihnen, wird solches Vorgehen eine riesige Herausforderung darstellen. Denn nun wird unser Held, anstatt seinem Ego zu dienen, offen sagen müssen, dass er mit einem Kunden nicht ‚kann’, und dem Kollegen den Vortritt lassen, bei dem die Wellenlänge stimmt. Eine Revolution für viele Vertriebsmannschaften, ein Segen für die Umsätze des Unternehmens.
Ich kenne keine Verkaufsstatistik, die schlechte Wellenlänge als Grund anführt, weshalb ein Geschäft nicht zustande kommt.
Alle diese Kunden rutschen in die Spalte ‚kein Bedarf’ oder ‚zu teuer’. Und wie sieht es mit Ihren Provisionssystemen aus? Sind sie nur an internem Eigeninteresse ausgerichtet oder wirklich kundenorientiert. Wer in die falschen Bonus- und Incentive-Programme gelockt wird, der fragt nicht länger: „Was muss ich tun, um meine Kunden glücklich zu machen?“ sondern: „Was muss ich tun, um den Bonus zu erreichen?“ Und dann werden dem Kunden nicht benötigte Waren aufgedrückt, es wird zu viel, zu wenig, zu früh oder zu spät verkauft. Wer für kurzfristige Erfolge bezahlt, bedient eine Nach-mir-die-Sinflut-Mentalität.

Schritt für Schritt zum Verhandlungserfolg
Nicht, wer objektiv besser ist, sondern wer dies subjektiv besser kommunizieren kann, bekommt meist den Zuschlag. Nicht das bessere Konzept gewinnt, sondern die bessere ‚Story’. Die entscheidende Frage lautet: Wie kann ich angenehm und aufmerksamkeitsstark anders und deutlich besser verkaufen als andere – denn gute Produkte haben viele. Erfolg entsteht zuerst im eigenen Kopf! Bevor es also zum Kunden geht, heisst es zunächst, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen: Selbst-Bewusstsein (im wahrsten Sinne des Wortes) zu entwickeln, seine eigene Vision vom Erfolg zu finden und kontinuierlich an der Entwicklung seiner Persönlichkeit zu arbeiten. Selbst-Tuning könnte man das auch nennen. Diesem Aspekt ist im Buch ein ganzes Kapitel gewidmet.
Sodann heisst es, sich mit den ‚neuen’ Kunden auseinandersetzen. Denn: Die Kunden haben sich drastisch verändert. Wir haben sie zu Smart Shoppern (Ich bin doch nicht blöd!), zu Variety Seekern (mit dem Porsche durch den McDrive) und zu Anspruchsdenkern erzogen. Spätestens seit Toyota’s ‚Nichts ist unmöglich‘ erwartet der Verbraucher, dass sich jeder Wunsch erfüllen lässt: innovativ, in Topp-Qualität, mit verbessertem Service, und all das für weniger Geld. Weil Kunden einerseits saturiert und andererseits mit immer weniger Zeit unterwegs sind, sind sie deutlich reizbarer. Wir haben es heute mit ständig latent unzufriedenen Kunden zu tun.
Und die Messlatte wird immer höher gelegt. Diese Anspruchshaltung überträgt sich gnadenlos auf den Verkäufer: Kompetent soll er sein, souverain, im Verkaufen ein Profi. Fragen muss er auf der Stelle beantworten können, Preiszugeständnisse soll er im Koffer haben und Geduld muss er mitbringen – denn die Entscheidung kann dauern! Nicht nur die immer härter werdenden Konditionen-Verhandlungen zehren an den Nerven.
Im BtoB-Geschäft sitzen inzwischen ganze Buying-Teams und manchmal gar die ärgsten Konkurrenten mit am Tisch. Bei all diesen Anforderungen kommen Verkäufer nur mit einer zielgerichteten, planvollen und strukturierten Vorgehensweise weiter – emotional gut gepolstert.
Sie müssen die verbalen und nonverbalen Gesprächskomponenten beherrschen – und bei ihren Gesprächspartnern entschlüsseln können. Sie müssen die geschlechterspezifischen Unterschiede kennen – und sich auf die unterschiedlichsten Menschentypen einstellen können. Auch hier gibt das Buch ausführliche Hinweise und konkrete Tipps. Wer ein gutes Verkaufsgespräch führen möchte, benötigt schliesslich
- ein erreichbares Ziel
- eine gute Vorbereitung (Pre-Sales)
- einen guten Start (1. Eindruck)
- eine gute Fragetechnik
- eine gute Argumentationstechnik
- ein gutes Preisgespräch
- eine gute Einwandbehandlung
- eine gute Abschlusstechnik
- ein gutes Ende (letzter Eindruck)
- ein gutes Follow-up (After-Sales)
In den diesbezüglichen Kapiteln zeigt Erfolgreich verhandeln. Erfolgreich verkaufen Schritt für Schritt, wie ein von Erfolg gekröntes modernes Verkaufsgespräch systematisch aufgebaut wird. Dabei findet der Leser eine erstaunliche Fülle wertvoller, sofort umsetzbarer Anregungen sowohl für den Neueinsteiger als auch für den Verkaufsprofi.
Strukturierte Teile mit konkreten Formulierungsvorschlägen und hilfreichen Checklisten wechseln mit lebendigen Passagen, kleinen Anekdoten und Kurzbeispielen aus den unterschiedlichsten Branchen. Unentbehrlich ist dieser Praxisleitfaden für alle, die direkt oder indirekt im Vertrieb und Verkauf zu tun haben. Er bietet kleinen und grossen Unternehmen aller Branchen, egal ob sie im Business-to-Business- oder im Endkunden- Geschäft tätig sind, in kompakter Form und locker zu lesen einen enorm hohen praktischen Nutzen.
Folgende Zielgruppen spricht er besonders an:
- vertriebsorientierte Geschäftsführer und Firmeninhaber
- Vertriebs- und Marketingleiter
- Vertriebs- und Verkaufsmitarbeiter im Aussen- und Innendienst
- Neueinsteiger im Verkauf
In Zukunft werden nur solche Unternehmen eine Chance am Markt haben, in denen sich jeder einzelne Mitarbeiter, egal ob er direkten oder indirekten Kundenkontakt hat, als Verkäufer und ‚Marketer‘ sieht. Und das ist vielleicht die schönste unternehmerische Aufgabe. Denn:

Sales und Marketing, so sagen wir, heisst: Menschen glücklich machen.


Autor: A. Schüller www.anneschueller.de