Diabetes
Das metabolische Syndrom und der Typ-2-Diabetes als Wegbereiter des Herzinfarktes
Das metabolische Syndrom
Bereits 1923 wurde die Kombination von Bluthochdruck, erhöhten Blutzuckerwerten und Gicht zu einem «Syndrom» zusammengefasst. Die auch als «Syndrom X» oder «deadly quartet» bezeichnete Kombination kardiovaskulärer Risikofaktoren hat unterdessen mehrmals ihren Namen geändert und ist mit weiteren Stoffwechselabnormitäten ergänzt worden. Gemäss den Richtlinien des amerikanischen National Cholesterol Education Program von 2001 umfasst der 1998 von der Weltgesundheitsorganisation als «metabolisches Syndrom» bezeichnete Symptomkomplex die bauchbetonte Fettleibigkeit, eine typische Konstellation der Blutfette, einen erhöhten Blutdruck sowie einen im nüchternen Zustand erhöhten Blutzuckerwert. Erfüllt eine Person mindestens drei dieser Kriterien, leidet sie an einem metabolischen Syndrom. Weitere Zeichen können eine «Mikroalbuminurie» - die Ausscheidung kleiner Bluteiweisse über die Niere -, Veränderungen der Blutgerinnung, vermehrt im Blut zirkulierende Entzündungseiweisse, Leberveränderungen oder erhöhte Harnsäurewerte sein. Laut neuesten Schätzungen weist rund ein Viertel der westlichen Bevölkerung Zeichen eines metabolischen Syndroms auf, wobei dessen Häufigkeit mit dem Alter ansteigt.
Was lässt sich tun?
Gehen Sie in sich und suchen Sie nach bildhaften Erinnerungen von Situationen, in denen Sie gesund gelebt und sich gut dabei gefühlt haben. Vielleicht war es ein Urlaub: Sie machten lange Strandwanderungen mit einem Freund, und abends gab es mediterrane Küche bei Kerzenschein. Lassen Sie dieses Bild in sich leben und führen Sie sich vor Augen, dass Ihr Arzt genau das mit seinen Empfehlungen meint.
Tatsächlich, so haben in letzter Zeit gleich mehrere Studien gezeigt, lässt sich der Ausbruch eines Diabetes bei diesbezüglich gefährdeten Personen mit recht unspektakulären Massnahmen wenn nicht verhindern, so doch zumindest verzögern. Denn schon mit moderaten Veränderungen des Lebensstils - einem Gewichtsverlust von 5 bis 10 Prozent des Körpergewichts und regelmässiger körperlicher Bewegung - konnten die Studienteilnehmer ihr Risiko halbieren, in den kommenden Jahren zuckerkrank zu werden. Medikamente gegen Diabetes scheinen übrigens nicht gleich effektiv wie Änderungen des Lebensstils. Oder anders gesagt:
Pro 1 Kilogramm Gewichtsverlust ergibt sich eine Reduktion des Diabetes um 13 Prozent.
Bei Gewichtsverlust von 20 kg verschwindet der Diabetes mellitus in 95 Prozent!
Mediterrane Kost mit etwas weniger Kohlenhydraten als gewöhnliche - die LOGI-Methode:
In der LOGI-Methode (steht für Low Glycemic Index) sollen in der täglichen Nahrung Lebensmittel mit niedrigem GI bevorzugt, solche mit hohem GI dagegen eingeschränkt werden. Die GL (Glykämische Last) aller pro Tag verzehrten Lebensmittel sollte am besten unter 80 liegen.
Im Unterschied zu Atkins und „South Beach“, etc. empfiehlt man viel Obst und Gemüse sowie ungesättigte Fette wie Raps- bzw. Olivenöl. Um die Stoffwechsellage zu verbessern, ist es einerseits wichtig, weniger Energie aufzunehmen. Andererseits ist insbesondere die Art der zugeführten Fette von grosser Bedeutung. Verschiedene Untersuchungen belegen in diesem Zusammenhang den Wert einfach ungesättigter Fettsäuren (besonders reichlich in Oliven- oder Rapsöl enthalten), die im Gegensatz zu den gesättigten Fetten die Insulinempfindlichkeit der Gewebe verbessern.
Die LOGI-Methode beruft sich auf die Ernährung unserer Urvorfahren, als KH noch eher knapp waren. Optisch umgesetzt wird diese Methode auch in der Lebensmittelpyramide, die Lebensmittel von „sehr empfehlenswert“ (= Basis der Pyramide, man soll viel davon zu sich nehmen), bis hin zur Spitze (= „weniger empfehlenswert“ – nur in geringen Mengen verzehren!) staffelt. Die Basis bilden Obst, stärkefreies Gemüse aber auch hochwertiges Öl.
Mindestens fünf Portionen Gemüse und Obst sollten pro Tag verzehrt werden – drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Früchte. Auf der zweiten Stufe folgen eiweissreiche Lebensmittel wie Milchprodukte, Eier, mageres Fleisch, Nüsse und Hülsenfrüchte. Erst auf der dritten Stufe sind kohlenhydratreiche Produkte wie Vollkornbrot, Nudeln und Reis zu finden. Die Spitze bilden schliesslich Weissmehl-Produkte, Kartoffeln und Süssigkeiten. LOGI entspricht einer Art mediterranen Ernährung, aber nicht mit Teigwaren und Pizza, sondern eher mit viel Salat, Gemüse, Obst, Fisch aber auch wenig Fleisch.
Die wichtigste Massnahme überhaupt, ist neben dieser mediterranen Ernährung und mehr Bewegung auch das Stoppen eines eventuellen Nikotingebrauchs (wichtigster zusätzlicher Risikofaktor für die Arterienverkalkung)!
Ein Zustand der «metabolischen Fitness» wird auch durch längere Pausen zwischen den einzelnen Mahlzeiten erzielt. Dadurch reduzieren sich die für die Entwicklung arteriosklerotischer Veränderungen offenbar besonders kritischen Phasen nach einer Mahlzeit, während denen die Blutzucker-, Insulin- und vor allem Triglycerid-Werte im Blut erhöht sind.
Eher wichtiger noch als der Gewichtsverlust aber scheint regelmässige Bewegung zu sein. Zahlreiche Studien haben unterdessen bestätigt, dass körperliche Betätigung das Risiko für Herz- Kreislauf-Krankheiten reduziert, zumindest zum Teil über eine günstige Beeinflussung der Faktoren des metabolischen Syndroms. Dass es für den erwünschten Effekt keineswegs nötig ist, Spitzensport zu betreiben, zeigen die jüngsten Empfehlungen der amerikanischen Centers of Disease Control and Prevention, wonach Erwachsene an möglichst vielen Wochentagen mindestens 30 Minuten «moderat körperlich aktiv» sein sollen. Als einfache Regel kann 3in3 gelten: mindestens 3 Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens 3mal!
Eine weiter Studie zeigte, dass jede Zunahme der Fernsehdauer um zwei Stunden pro Tag mit einer 25%igen Steigerung des Übergewichts und einer 15%igen Steigerung des Diabetesrisikos verbunden war. Es sollte also nicht nur die körperliche Aktivität gefördert, sondern auch auf die Risiken sitzender Tätigkeiten verstärkt hingewiesen werden.
Während die gesunde Skelettmuskulatur die Möglichkeit hat, neben Kohlehydraten auch Lipide zu verwerten, und je nach Bedarf, Stoffwechsellage und hormonellen Signalen zwischen diesen beiden Energiequellen wechseln kann, besteht bei adipösen Personen und Diabetikern durch die Einlagerung von Fettsäuren in die Muskeln eine metabolische Inflexibiliät. Durch regelmässigen Sport nun werden die für die Fettverbrennung notwendigen Enzyme wieder aktiviert - die Fettreserven am falschen Ort können mobilisiert werden. Besonders günstig ist körperliche Bewegung nüchtern vor oder mindestens 3 Stunden nach den Mahlzeiten. Dadurch werden die muskulären Fettspeicher entleert, und die nach einer Mahlzeit anfallenden Nahrungsfette können wenigstens zum Teil aufgenommen werden.
Ein stabiles Körpergewicht senkt das Risiko für das Metabolische Syndrom
In einer 15jährigen Beobachtungsstudie mit 2700 Männern und Frauen wurde eindeutig gefunden, dass ein stabiles Körpergewicht (BMI) UNABHÄNGIG VOM AUSGANGSWERT langfristig das Risiko für ein Metabolisches Syndrom senken kann!
Schon 2 Softdrinks pro Tag erhöhen das Risiko eines Metabolischen Syndroms
Um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Genuss von Softdrinks und der Entstehung des metabolischen Syndroms festzustellen haben Forscher 6039 Personen (Durchschnittsalter 52.9 Jahre) aus der Framingham Studie, welche keine Hinweise auf ein metabolisches Syndrom zeigten, untersucht. Die Daten wurde für das Alter, Geschlecht, physische Aktivität, Rauchverhalten, gesättigte Fettsäuren aus der Ernährung, Transfette, Magnesium, Ballaststoffe, Gesamtkalorien und glykämischen Index angepasst.
Man fand bei Personen, die mehr als 1 Softdrink/Tag zu sich nahmen eine höhere Prävalenz des metabolischen Syndroms (OR=1.48) als bei jenen, die weniger konsumierten. Beim Follow up nach ca. 4 Jahren hatten 18.7% der Personen aus der Gruppe mit weniger als 1 Softdrink/Tag (n=4095) und 22.6% aus der Gruppe mit mehr als 1/Tag (n=2059) ein metabolisches Syndrom entwickelt. Der Genuss von mehr als 1 Softdrink/Tag war mit einem höheren Risiko zur Entwicklung eines metabolischen Syndroms (OR=1.44), Adipositas (OR=1.31), erhöhtem Bauchumfang (OR=1.30), erhöhtem Nüchternblutzucker (OR=1.25), erhöhtem Blutdruck (OR=1.18), Hypertriglyceridämie (OR=1.25) sowie erniedrigtem HDL-Cholesterin (OR=1.32) assoziiert.
Die Forscher schliessen daraus, dass der Genuss von Softdrinks bei Personen im mittleren Alter zur Erhöhung mehrerer metabolischer Risikofaktoren führt.
Steigender Fruktosekonsum als Auslöser des metabolischen Syndroms?
In den letzten Jahrzehnten kam es zu einem drastischen Anstieg des Konsums von freier Fruktose (welche etwa 1,6mal süsser ist als Glukose oder Saccharose), da das billigere Süssmittel "high fructose corn syrup" (HFCS) in vielen unseren Getränken, Backwaren und anderen süssen Lebensmitteln beigefügt wurde. Daten aus den USA zeigen eine parallele Entwicklung zwischen der rasanten Zunahme von Übergewicht und den Zusätzen an freier Fruktose. Im Gegensatz zur Glucose wird die Fructose insulinunabhängig verstoffwechselt. Da Insulin indirekt einen Anteil an der Erzeugung des Sättigungsgefühls hat, Fructose also den Appetit nicht nimmt, kann durch den starken Einsatz von HFCS als Süssstoff leicht Übergewicht entstehen. In grossen Mengen kann freie Fruktose möglicherweise auch Bluthochdruck begünstigen. Es beeinflusst auch das Lipidprofil (Blutfette) ungünstig, da es in höheren Mengen die Fettsynthese fördert und damit die postprandialen (nach dem Essen) Serumtriglyzeride (Art Blutfett) ansteigen lässt. Patienten mit metabolischem Syndrom muss v.a. vom Konsum von mit HCFS oder Saccharose gesüssten Getränken abgeraten werden. In der Schweiz gibt es aber bisher keine Deklarationspflicht für die Mengen einzelner zugesetzter Zuckerarten wie Fruktose, Saccharose, Maltose usw.!
Weitere Massnahmen, die sich leicht angehen lassen:
Der Hausarzt sollte unbedingt den Blutdruck und die Blutfette (Cholesterin, etc.) kontrollieren und (ev. auch medikamentös) behandeln.
Das Fettgewebe als endokrines Organ
In den letzten Jahren hat sich immer deutlicher gezeigt, dass das Fettgewebe nicht einfach nur ein Energiespeicher, sondern vielmehr ein endokrines, also hormonell aktives Organ ist, das proportional zur Menge der Fettzellen verschiedene Substanzen in die Zirkulation abgibt. Dazu gehören Moleküle wie etwa der Tumor-Nekrose-Faktor- (TNF-), Leptin, Resistin, Adipsin oder Adiponectin, die über den Appetit und den Energieumsatz Körpergewicht und Fettdepots steuern. Weiter beeinflussen sie die Blutgerinnung, den Tonus der Gefässe sowie die Insulinempfindlichkeit der verschiedenen Zielgewebe. Die bei Fettleibigkeit erhöhte Konzentration dieser hormonähnlichen Substanzen steht deshalb in engem Zusammenhang mit der Entwicklung von Bluthochdruck, der Insulinresistenz sowie Störungen der Blutgerinnung - alles Symptome, die mit dem metabolischen Syndrom assoziiert sind.
Ist viel Fettgewebe vorhanden, werden zudem grosse Mengen an Fettsäuren freigesetzt und nicht nur in die normalen Fettdepots der Unterhaut, sondern auch in Muskulatur und Leber eingelagert. Wie Tierversuche und Magnetresonanz-Untersuchungen an adipösen Probanden gezeigt haben, wird dadurch die Insulinwirkung auf diese Gewebe gestört. Die im Rahmen der Nahrungsaufnahme anfallende Glukose, aber auch Fette und Aminosäuren können von den Muskelzellen nicht mehr verwertet werden; in der bei fettleibigen Personen nahezu immer verfetteten Leber wird die endogene Glukose-Produktion durch Insulin nicht mehr unterdrückt - der Blutzuckerspiegel steigt an.
Weiter lassen neuere Arbeiten vermuten, dass vorab im Bauchfett eine lokal angekurbelte Kortison-Synthese für die Insulinresistenz eine verhängnisvolle Rolle spielen könnte. Offenbar ist in übermässig vorhandenem Fettgewebe die Aktivität eines Schlüsselenzyms der Kortison-Produktion gesteigert und führt - so die Beobachtung an Mäusen - zur vermehrten Freisetzung von Fettsäuren und zu einer verminderten Adiponectin-Synthese.
Beim «Altersdiabetes» ist nicht nur der Kohlehydratstoffwechsel gestört
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die zum Typ-2-Diabetes führenden Veränderungen im Kohlehydratstoffwechsel zusammen mit Übergewicht, Bluthochdruck und abnormen Blutfettwerten Ausdruck einer komplexen metabolischen Störung sind. Zum metabolischen Syndrom, wie die Kombination dieser kardiovaskulären Risikofaktoren heisst, kommt es durch Wechselwirkung von genetischen und Umweltfaktoren.
Der Diabetes mellitus Typ 2 (früher auch Altersdiabetes genannt) hat laut wiederkehrenden Meldungen epidemische Ausmasse erreicht - die Zahl der Zuckerkranken, die heute weltweit auf gut 150 Millionen geschätzt wird, soll sich bis ins Jahr 2025 gar verdoppeln. Neben den direkten Kosten durch die Diabetes-Therapie und der Tatsache, dass das Leiden eine wichtige Ursache der Erblindung, des chronischen Nierenversagens sowie von Amputationen darstellt, wird das gegenüber Nichtdiabetikern ganz erheblich erhöhte Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten betont - Diabetiker erleiden nämlich doppelt bis viermal so häufig einen Herzinfarkt. Besonders beunruhigend ist, dass die arteriosklerotischen Veränderungen oft schon Jahre vor dem Ausbruch der Krankheit nachgewiesen werden können, offenbar verursacht durch bestimmte Stoffwechselstörungen, wie sie im Rahmen des sogenannten metabolischen Syndroms auftreten. Dieser Symptomkomplex umfasst eine Reihe von Merkmalen, die allesamt Risikofaktoren für kardiovaskuläre Krankheiten sind. Das offenkundigste Zeichen des metabolischen Syndroms, die Fettleibigkeit (Adipositas), gilt denn auch als eigentliche Ursache der weltweiten Diabetes-Epidemie.
Insulinresistenz, Hyperinsulinismus und Betazell-Dysfunktion
Die Einsichten in die dem Typ-2-Diabetes zugrunde liegenden genetischen und biochemischen Veränderungen und deren enge Verknüpfung mit der Adipositas und der Entstehung von Herz- Kreislauf-Krankheiten haben sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit oder abnorme Blutfettwerte werden heute nicht mehr als eigenständige Risikofaktoren betrachtet, sondern gelten allesamt als Ausdruck einer komplexen Stoffwechselstörung, deren metabolisches Leitsymptom die sogenannte Insulinresistenz ist: das ungenügende oder fehlende Ansprechen der Muskel-, Fett- und Leberzellen auf die Wirkungen von Insulin. Wird vom Hausarzt mittels des oralen Glukosetoleranztests gemessen.
Bis vor nicht allzu langer Zeit glaubte man, dass der Diabetes mellitus Typ 2, an dem rund 90 Prozent aller Zuckerkranken leiden, Ausdruck eines Defektes der Insulinrezeptoren an den Körperzellen sei. Doch nur in ganz seltenen Fällen findet sich tatsächlich eine Mutation auf Rezeptorebene. Viel eher scheinen zahlreiche, vom im übermässig vorhandenen Bauchfett abgegebene Substanzen, vermehrt im Blut zirkulierende Fettsäuren sowie möglicherweise auch Störungen im Eisenstoffwechsel die an der Vermittlung der Insulinwirkung beteiligten intrazellulären Proteine und Mechanismen zu beeinflussen, so dass es zur Insulinresistenz kommt. (Der Typ-1-Diabetes dagegen ist eine Autoimmunerkrankung.)
Während langer Zeit kann das verminderte Ansprechen von Muskulatur, Fett- und Lebergewebe mit einer gesteigerten Insulinproduktion kompensiert werden, denn die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse vermögen ihre Leistung um das Zehnfache zu steigern. Dadurch bleiben die Blutzuckerspiegel vorerst normal bei allerdings gleichzeitig erhöhten Insulinwerten.
Dieser sogenannte Hyperinsulinismus ist wahrscheinlich mitbeteiligt an der Entstehung des Bluthochdrucks und beeinflusst zudem die Verteilung der Blutfette ungünstig - beides wohlbekannte kardiovaskuläre Risikofaktoren. (Ich muss betonen, dass ich hier nicht von der sehr seltenen genetischen Stoffwechselstörung spreche, von der es auf der Erde wenige 100 Familien gibt, die ein HI-Kind haben. Diese Kinder leiden stark unter dem erhöhten Insulin, dass zu ständigen Hypoglykämien führt und dadurch Hirnstörungen verursachen kann. Diese Kinder müssen trotz Esstörungen entweder mit Peg-Sonde oder mit Zwang mit Kohlehydraten ernährt werden, da die Kinder sonst nicht überleben. Diese Kinder kommen häufig mit einem Blutzuckerspiegel von 0 auf die Welt.
In der Praxis ist der Insulinspiegel jedoch nicht zuverlässig messbar. Einen Hinweis auf die Insulinsekretion bzw. auf ein Insulinresistenzsyndrom erhält der Arzt aus dem
Body-Mass-Index (über 25) sowie dem Quotienten aus Triglyzeriden und dem HDL-Cholesterin (TG/HDL-Ratio > 3,5).
Nach Jahren vermag die Bauchspeicheldrüse schliesslich den immer grösseren Insulinbedarf nicht mehr zu decken. Die Betazellen erschöpfen sich und gehen teilweise zugrunde. Die Blutzuckerspiegel steigen an, der Diabetes wird manifest. Die Inselzellen brennen also einerseits regelrecht aus. Andererseits scheinen sie aber auch direkt durch die vermehrt zirkulierenden Fettsäuren sowie chronisch erhöhte Glukosespiegel geschädigt zu werden.
Doch die Insulinresistenz ist nicht alleinige Ursache der zunehmenden Überforderung der Insulin produzierenden Zellen. Vielmehr dürfte eine vorbestehende, vererbte Schwäche der Betazellen durch die erhöhten Anforderungen demaskiert werden. So ist bei Personen, die später einen Diabetes mellitus entwickeln, die sogenannte Frühphase der Insulinsekretion bereits Jahre vor Ausbruch der Krankheit (meistens unerkannt) gestört - die Bauchspeicheldrüse ist also schon frühzeitig nicht mehr in der Lage, die Spitzen der Blutglukosewerte, wie sie unmittelbar nach einer Mahlzeit auftreten, aufzufangen.
Ein ganzes Paket an Studien weist sogar darauf hin, dass die Hyperinsulinämie an der Entstehung unterschiedlicher Krankheitsbilder wesentlich mitbeteiligt ist. Sie scheint ein "missing link" zu sein, der begründet, warum beispielsweise Übergewicht zu höheren Inzidenzen von Brust-, Kolon- oder Prostatakrebs führt. Daneben kann eine Fettleber (nichtalkoholische) entstehen, polyzystische Ovarien und eine Schlafapnoe!
Wechselwirkung von Genen und Umwelt
Unterdessen ist klar, dass in der Entstehung des Typ-2-Diabetes eine Vielzahl von genetischen und Umweltfaktoren wie Fehlernährung und mangelnde Bewegung zusammenspielen, die schliesslich zur zunehmenden Entgleisung des Stoffwechsels führen. Auf Grund von Tiermodellen, den raren Fällen des dominant vererbten, sogenannten Mody-Diabetes sowie Untersuchungen bei verschiedenen ethnischen Gruppen mit unterschiedlicher Diabetes-Häufigkeit konnten in den letzten Jahren verschiedene Gendefekte festgemacht werden, die mit einem erhöhten Diabetes-Risiko einhergehen. Doch weder bei den verschiedenen Typen des Mody-Diabetes noch bei den Pima-Indianern in Arizona, die im Rahmen der zunehmenden «Verwestlichung» immer dicker geworden sind und unterdessen die weltweit höchste Diabetes-Prävalenz aufweisen, gibt es ein eigentliches «Diabetes-Gen». Auch in diesen Fällen scheinen Mutationen in verschiedensten Genen in jeweils unterschiedlicher Kombination zu den fatalen Stoffwechselstörungen zu führen.
Dass die Gene beim Typ-2-Diabetes eine grosse Rolle spielen, zeigt die Tatsache, dass zuckerkranke Patienten in rund 40 Prozent der Fälle mindestens einen Elternteil haben, der ebenfalls an einem Diabetes mellitus Typ 2 leidet. Und bei eineiigen Zwillingspaaren beträgt die Konkordanz gar fast 90 Prozent. Zudem zeigen Kinder diabetischer Eltern oft schon früh Zeichen der Insulinresistenz und erhöhte Insulinwerte im Blut, selbst wenn sie nicht übergewichtig sind.
Ob dicke Personen mit einer Insulinresistenz tatsächlich eine genetische Ausstattung haben, die ihnen vor Jahrtausenden das Überleben auch bei äusserst knapper Nahrung ermöglicht hätte, wie dies eine gängige Theorie postuliert, muss offen bleiben. Ebenso spekulativ ist der unter anderem auf Grund der Analyse von knapp 70 000 Frauen (im Rahmen der sogenannten Nurses Health Study) vermutete Zusammenhang zwischen einem niedrigen Geburtsgewicht (was auf einen vorgeburtlichen Nährstoffmangel schliessen lässt) und einem späteren Diabetes. Nur diejenigen der untergewichtigen Kinder, so die Idee, die besonders gut mit den knappen Ressourcen umgehen können, überleben. Tatsache aber ist, dass dieser evolutionär möglicherweise vorteilhafte Genotyp heute zur oft tödlichen Bürde geworden ist.
Grüntee verbessert Diabetes
Täglich viel Grüntee senkt signifikant in einer japanischen Studie das HbA1c, welcher als wichtigster Laborparameter für den Diabetes mellitus gilt. Der Grüntee muss aber medizinisch richtig zubereitet werden, damit alle Polyphenole (Catechine) erhalten bleiben:
Was muss ich beachten, wenn Grünteetrinken wirklich einen medizinischen Wert haben soll:
- ein bis eineinhalb Liter täglich trinken
- drei gehäufte Esslöffel Pulver auf einen Liter
- pestizidfreien Grüntee wählen ("Bio")
- kalziumarmes Wasser benützen
- zwischen 60 und 80 Grad warmes Wasser zum Aufguss benützen
- drei bis fünf Minuten einwirken lassen
- ein paar Tropfen Zitronensaft im Tee schützt die Polyphenole vor den Verdauungssäften.
Zimt bei Diabetes
Bereits täglich eine Zimtstange im Tee kann die Insulinwerte von Diabetikern deutlich verbessern, schreiben Richard Anderson vom Forschungszentrum für Landwirtschaft und Ernährung in Beltsville (USA) in der Fachzeitschrift "Diabetes Care". Anderson und sein Team hatten zufällig die Wirkung des in Zimt vorhandenen Wirkstoffs MHCP, ein spezielles Polyphenol (Methylhydroxy-Chalcone-Polymer) auf den Blutzuckerspiegel entdeckt, als sie gewöhnliche Lebensmittel untersuchten. In Laborexperimenten wirkte MHCP ähnlich wie Insulin und verstärkte somit die Aufnahme von Glukose in die Zellen. Nach dieser Entdeckung analysierten die Wissenschaftler den Effekt des Zimts bei 60 Testpersonen mit Diabetes vom Typ 2 in Pakistan. Menschen mit dieser Form von Diabetes können zwar Insulin produzieren, der Körper reagiert jedoch nicht mehr empfindlich darauf.
Nach 40 Tagen hatten die Diabetiker, die täglich ein paar Gramm Zimt einnahmen, bis zu 20 Prozent geringere Blutzuckerwerte als die Kontrollgruppe. Bei einigen verschwanden sogar die Symptome der Krankheit. Diese kehrten jedoch zurück, als die Zimttherapie eingestellt wurde. MHCP senkte nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern auch den Fettanteil und die Cholesterinmenge im Blut.
Die Forscher empfehlen Diabetikern daher, gesunde Nahrungsmittel täglich mit bis zu sechs Gramm gemahlenem Zimt zu verfeinern. In künftigen Studien wollen sie die langfristige Wirkung von Zimt auf den Blutzuckerspiegel bestimmen.
Bewege ich mich genug?
Dass es für einen gesundheitsfördernden Effekt keineswegs nötig ist, Spitzensport zu betreiben, zeigen die jüngsten Empfehlungen der amerikanischen Centers of Disease Control and Prevention, wonach Erwachsene an möglichst vielen Wochentagen mindestens 30 Minuten «moderat körperlich aktiv» sein sollen.
Als einfache Regel kann 3in3 gelten:
im Minimum 3 Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens 3mal!
Ein Werkzeug zur schnellen Berechnung der eigenen Bewegungs- oder körperlichen Aktivitätsleistung wurde in einer Studie mit englischen Hausärzten entwickelt.