Schule und Gewalt

Die Schule steht in einem Spannungsfeld: Sie muss Leistung fordern, Erziehungsaufgaben lösen und zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen. Gewalt in der Schule: So vielfältig wie in der Erwachsenenwelt. Gewalt gegen Sachen: Vom Sprayen zum Schulhausbrand.

Gesellschaftliche Veränderungen führen dazu, dass der Schule eine immer grössere Verantwortung für die Erziehung und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder übertragen wird. Hier werden Kinder und Jugendliche aber auch mit sozialen und kulturellen Problemen konfrontiert. Der Leistungsdruck und der Konkurrenzkampf sind oft sehr stark. Nicht alle sind diesem Druck gewachsen. Vielfach versuchen die Jugendlichen, sich mit Gewalt oder anderen auffälligen Verhaltensweisen davon zu befreien.
Gewalt in der Schule
äussert sich in drei Formen: Gewalt gegen Sachen, Gewalt unter Schülern und Gewalt in der Lehrer-Schüler, Beziehung.
Gewalt gegen Sachen
meint das mutwillige Beschädigen oder Zerstören von Unterrichtsmaterial, Einrichtungen und Gebäudeanlagen. Dazu zählen auch Vandalenakte sowie Brandstiftung. Gemäss einer Umfrage unter 600 Schülerinnen und Schülern in Zürich stellt Gewalt für 85 Prozent der Befragten kein Problem dar. Dennoch ist das Thema ernst zu nehmen, denn 15 Prozent der Befragten geben zu, im Verlaufe ihrer Schulzeit mindestens einmal Opfer einer Gewalthandlung geworden zu sein. Davon erklären 7 Prozent, dass sie öfters Gewalt als Druckmittel anwenden. Gewalttätige Handlungen unter Schülern umfassen sämtliche Arten von Tätlichkeiten. Darunter fallen auch die Erpressung von Geld, Kleidern und anderen Gegenständen sowie Drohung oder Nötigung. Überfälle und Körperverletzungen nehmen zu. Sexuelle Gewalt in Form von Belästigung, Erniedrigung oder gar Vergewaltigung hat auch an Schulen ein besorgniserregendes Stadium erreicht.
Gewalt in der Lehrer-
Schüler-Beziehung äussert sich weniger in körperlicher Gewaltanwendung, sondern vielmehr in übler Nachrede, Belästigung (beispielsweise anonyme Anrufe), Drohung und Erpressung. Umgekehrt leiden viele Schüler unter dem psychischen Druck von seiten der Lehrerschaft. Dieser
Druck hat viele, oft auch unbewusste Formen: beständiges Blossstellen, Abwerten der Leistung und der Person oder Ablehnen von Kindern, die Probleme haben.
Die Ursachen
für Gewalt in der Schule sind einerseits in der Überforderung der Schüler und andererseits in den hohen Ansprüchen des sozialen Umfeldes zu finden. Studien belegen, dass straffällige Jugendliche häufiger Schulversager sind, der Schule oft fernbleiben und wenig Interesse am Lernstoff zeigen. Übermässiger Alkohol- oder Drogenkonsum verbunden mit Kriminalität und Strafe drängen die betroffenen Schüler immer stärker an den Rand der Gesellschaft. Sie finden dann Halt in gleichgesinnten Banden.
Viele Auffälligkeiten
bei Jugendlichen lassen sich schon sehr früh beobachten und erkennen. Abweichendes Essverhalten und nervöse Störungen sind oft Ausdruck einer solchen Entwicklung. Schon einfache Massnahmen verhindern in vielen Fällen, dass Jugendliche immer tiefer ins Abseits geraten. Eine enge Zusammenarbeit von Lehrkräften, Eltern und Bezugspersonen im Freizeitbereich ist hier besonders wichtig und bringt viel.

Liebe Lehrerinnen und Lehrer
Wir wünschen uns, dass wir in der Schule nicht nur theoretisches Wissen aus Lehrbüchern lernen müssen. Viel lieber sprechen wir im Unterricht auch über Probleme und Situationen aus unserem täglichen Leben. Der Schulstoff muss mehr mit uns zu tun haben. Dann ist der Unterricht interessanter und bringt uns auch zu Hause und in der Freizeit etwas. Wenn wir mehr über das reden, was uns wirklich beschäftigt, wisst ihr auch, was in uns vorgeht und was uns wichtig ist.
In Rollenspielen können wir zum Beispiel Situationen nachstellen, die wir oder andere schon erlebt haben: Erpressung von anderen Schülern; Banden, die einen
provozieren wollen, oder Mitschüler, die vor unseren Augen verprügelt werden. Durch ein derartiges Training lernen wir, wie wir in einer solchen Situation reagieren müssten, um uns zu schützen oder zu helfen.
Entwickelt Lösungen – gemeinsam mit uns! Gebt uns konkrete Orientierungshilfen, damit wir Probleme und Konflikte in eigener Verantwortung lösen können. Es
wäre für uns dadurch einfacher, die richtigen Entscheidungen zu treffen und mutig zu handeln. Diskutiert mit uns, welche Folgen die Gewalt für Täterinnen und Täter, aber auch für Opfer hat. Wenn wir verstehen, wie Gewalt entsteht und andere Möglichkeiten kennen, Streit ohne Gewalt auszutragen, könnten wir gemeinsam verhindern, dass wir Opfer oder gar Täterinnen und Täter werden. Und die Schulbehörden bitten wir: Achtet beim Planen darauf, dass Schulhäuser nicht seelenlos und riesengross werden. Auch zu grosse Klassen können uns überfordern. In diesem Rahmen entstehen Konflikte, die wir plötzlich nicht mehr lösen können.