Sexualität und Gewalt
Kinder und Jugendliche sind im Bereich sexueller Gewalt meistens Opfer und nicht Täter. Sexuelle Gewalt ist ein Missbrauch von Macht. Die Täter stammen fast immer aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis. Sie nützen ein Abhängigkeits- oder Vertrauensverhältnis aus. Sexuelle Übergriffe: Anzeichen werden in vielen Fällen verdrängt, oder bewusst verleugnet und heruntergespielt. Symptome von sexueller Gewalt in der Familie: Redeverbot und Schuldzuweisung.
In der Schweiz werden jährlich 3500 Sexualdelikte und 400 Vergewaltigungen polizeilich registriert. Der Anteil der jugendlichen Täter ist gering. Kinder und Jugendliche sind hier hauptsächlich die Opfer. Wir wissen, dass wir nur die Spitze des Eisbergs kennen. In vielen Fällen bleiben diese
Delikte unentdeckt. Die Folgen für missbrauchte Kinder und Jugendliche sind aber schrecklich und wirken oft lebenslang nach. Sexueller Missbrauch kann bei den Opfern Gewalt, Kriminalität, Missbrauch von Suchtmitteln oder gar Selbstmord auslösen. Störungen im Essverhalten
können ebenfalls eine Folge davon sein. Auch der Einstieg in die Jugendprostitution entsteht oft aus sexueller Ausbeutung während der Kindheit und Jugend der betreffenden Person.
Bei sexueller Gewalt
geht es nur selten um sexuelle Befriedigung, sondern um eine Demonstration von Macht und Überlegenheit. Die sexuellen Handlungen finden vielfach im familiären oder nahen Umfeld der Opfer statt. Häufig sind die Täter unauffällige Personen, die jeder Berufsgattung und jeder sozialen Schicht angehören können.
Viele Sexualtäter
sind Wiederholungstäter. Sie verüben ihre Taten nicht zufällig, sondern vorbereitet und geplant. Im Interesse der Opfer ist es sehr wichtig, dass solche Straftaten frühzeitig aufgedeckt und angezeigt werden. Bei Inzest-Situationen ist der Schritt zur Anzeige besonders schwierig. Die Angst vor der Zerstörung der Familie und der gewohnten Lebenssituation verleitet Angehörige zum Wegsehen. Durch ihr Schweigen laufen sie aber Gefahr,
sich der Mittäterschaft schuldig zu machen. Sexuelle Handlungen beginnen meistens harmlos, wiederholen sich dann immer häufiger und können zu
schweren Sexualverbrechen führen. Durch Drohung, Nötigung und sexuelle Übergriffe geraten die Opfer in eine Notsituation, aus der sie ohne Hilfe von aussen nur schwer wieder herausfinden.
Die Aufklärung
der Bevölkerung über das Ausmass und Wesen von sexuellen Übergriffen, über die rechtlichen Möglichkeiten und über die seelische Unterstützung der Opfer leistet einen wesentlichen Beitrag zur Verminderung von sexueller Gewalt. Vertrauenspersonen und Beratungsstellen können Opfern
oder deren Angehörigen beistehen, die nötigen Schritte zu unternehmen.
Wirksame Prävention gegen sexuelle Gewalt ist:
• gegenseitiger Respekt und Offenheit
• geschlechtlich gleichwertige Erziehung
• rechtzeitiges Eingreifen
Liebe Eltern
Klärt uns früh genug auf! Für uns ist es wichtig, dass wir über unsere Sexualität und unseren Körper Bescheid wissen, um für uns und unsere Gesundheit das Richtige tun zu können. Erst wenn wir verstehen, was mit uns geschieht, haben wir die Möglichkeit, richtig zu handeln, «nein» zu sagen und uns zu schützen. Ihr seid doch nicht so verklemmt, dass ihr nicht offen mit uns über Sex sprechen könnt! Wir brauchen die Gewissheit, zu euch kommen zu können, wenn uns etwas belastet oder wenn wir Fragen haben. Bestärkt uns darin, dass wir über unseren Körper selbst bestimmen. Wenn wir uns abgrenzen, dann ist das ein gesundes Zeichen. Habt nicht gleich Angst, die Autorität zu verlieren. Es ist für uns auch nicht immer einfach, über Erlebnisse oder Probleme zu sprechen, die mit Sex zu tun haben. Deshalb müssen wir uns gegenseitig vertrauen können. Und wenn ihr merkt, dass uns Gewalt angetan worden ist oder noch angetan wird – egal von wem – dann helft uns! Schaut nicht einfach weg und schweigt! Redet darüber vor allem mit uns und mit vertrauenswürdigen Fachleuten. Wir brauchen eure Hilfe ganz besonders.